Landesregierung plant politischen Wortbruch mit historischer Bedeutung

Die neue Landesregierung hat in der vergangenen Woche den Entwurf für den Landeshaushalt 2006 veröffentlicht. Trotz aller politischen Willenserklärungen aus den Monaten vor der Landtagswahl will die neue Landesregierung die gesetzlich fixierten finanziellen Verpflichtungen des ein Jahr jungen Kinder- und Jugendförderungsgesetz NRW nicht erfüllen. Damit würden die beiden Parteien, die diese Regierung tragen, einen politischen Wortbruch erster Klasse begehen.

Vor der Landtagswahl haben CDU und FDP in vielen politischen Stellungnahmen und Eingaben im Landtag die Verabschiedung des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes unterstützt, und zwar mit dem Ziel, den Landesjugendförderplan wieder mit 96 Millionen Euro auszustatten, wie im Haushaltsjahr 2003. In den Jahren 2004 und 2005 kürzte die frühere rotgrüne Landesregierung den Jugendetat drastisch, so dass an vielen Orten Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit schliessen und Fachkräfte entlassen werden mussten sowie notwendige Projekte nicht durchgeführt werden konnten. In einzelnen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit brachen die personellen Ressourcen um bis zu 25 % weg.

Aufgrund der Verabschiedung des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes im Oktober 2004 hofften alle Träger der Kinder- und Jugendarbeit auf die Wiederherstellung der Förderung in der Höhe des Jahres 2003. Dementsprechend wurden Notmaßnahmen für die Jahre 2004 und 2005 vor Ort in den Trägervereinen eingeleitet.

Sollte das Kinder- und Jugendförderungsgesetz in wesentliche Teilen außer Kraft gesetzt werden, würde das einen politischen Wortbruch von historischer Bedeutung darstellen.

Weiterhin würde die Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit der Partizipation im Land Nordrhein-Westfalen auf der Tagesordnung stehen. Nach der Durchführung der ersten erfolgreichen Volksinitiative „Jugend braucht Zukunft“ für die gesetzliche Absicherung der Kinder- und Jugendarbeit wurde das Kinder- und Jugendförderungsgesetz verabschiedet. Der heutige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sprach vor einem Jahr in seiner Rolle als Oppositionsführer von „einem deutlichen Zeichen des Widerstands gegen die rotgrüne Kahlschlags-Politik“.

Der heutige Finanzminister Linssen (CDU) erklärte, als er noch Oppositionspolitik im nordrhein-westfälischen Landtag betrieb, dass sich die CDU „mit aller Macht den Ergebnissen rot-grüner Jugendpolitik widersetzen wird“. Heute meint Finanzminister Linssen feststellen zu müssen, dass man „Abschied von manchen Dingen nehmen muss, weil das Geld nicht da ist“.

Im Gegensatz dazu erinnert die Arbeitsgemeinschaft Haus der Offenen Tür NRW e.V. daran, dass vor einem Jahr die finanzielle Situation des Landes bekannt war, auch den damaligen Oppositionsparteien.

Die vom Kinder- und Jugendförderungsgesetz normierten 96 Millionen Euro für die Kinder- und Jugendarbeit im Haushaltsjahr 2006 müssen Wirklichkeit werden, damit die Kinder und Jugendlichen im Land Nordhein-Westfalen nicht in die Ecke der Politikverdrossenheit angesichts eines solchen beabsichtigten politischen Wortbruchs abwandern.

gez. Norbert Kozicki

(stellv. Vorsitzender)